Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 17. Juni 2020
TOP 3 – Coronavirus-Infektionen
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:
Deutschland ist bisher im internationalen Vergleich erfolgreich durch die Coronavi- rus-Pandemie gekommen. Dies ist ein Erfolg der Bürgerinnen und Bürger, die sich in den vergangenen Wochen verständnis-, rücksichts- und verantwortungsvoll verhalten haben. Die zielgerichteten Maßnahmen, die umsichtig und schnell umgesetzt wurden, haben in den vergangenen Wochen die Ausbreitung des Corona-Virus wirkungsvoll eingedämmt und erheblich verlangsamt. Überlastungen der Krankenhäuser konnten vermieden werden, die Verbreitung des Corona-Virus wurde deutlich gebremst und die Infektionszahlen sind stark rückläufig. Die Zahl der Genesenen übersteigt seit einiger Zeit täglich die Zahl der Neuinfizierten. Die Anzahl der bestätigten Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen je 100.000 Einwohner liegt derzeit n nahezu allen Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands deutlich unter 50 und in vielen sogar bei 0.
Bund und Länder haben auf der Grundlage gemeinsamer Beschlüsse erfolgreich den Pfad zur schrittweisen Öffnung der letzten Wochen gemeinsam definiert. Die Länder haben in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund landesspezifischer Besonderheiten und des jeweiligen Infektionsgeschehens die verbliebenen Schritte auf der Grundlage von Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen Fachministerkonferenzen geregelt. Die Anzahl der Neuinfektionen ist niedrig geblieben.
Diesen Erfolg gilt es zu sichern. Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen müssen noch auf absehbare Zeit neue Lebenswirklichkeit für unser Land sein. Der Umgang mit dem Virus wird für die Zeit, bis ein Impfstoff oder ein wirksames Medikament gegen Covid-19 gefunden wurde, unsere Handlungen bestimmen. Entscheidend für den weiteren Erfolg sind dabei beherrschbare Fallzahlen und die Fähigkeit, frühzeitig neue Infektionsketten zu unterbrechen.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren Bund und Länder folgende Eckpunkte für das weitere gemeinsame Vorgehen bei der Eindämmung der COVID19-Epidemie:
- Achtsam bleiben, Vorsorge treffen
- Um eine Ausbreitung des SARS-CoV2-Virus zu verhindern und sich individuell vor einer Infektion zu schützen, haben Bürgerinnen und Bürger weiter grundsätzlich einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Diese Maßnahme wird ergänzt durch eine Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten öffentlichen Bereichen, verstärkte Hygienemaßnahmen und das Instrument der Kontaktbeschränkungen.
- Die Bürgerinnen und Bürger sind weiter angehalten, die Zahl der Menschen, zu denen sie Kontakt haben, möglichst gering zu halten und den Personenkreis möglichst konstant zu belassen. Nähere und längere Kontakte sind auf ein Minimum zu reduzieren. Wo die Möglichkeit besteht, sollen Zusammenkünfte vorzugsweise im Freien abgehalten werden.
- Dort, wo die regionale Dynamik im Infektionsgeschehen (mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in 7 Tagen) dies erfordert, sollen im Rahmen der vorzusehenden Maßnahmen im öffentlichen Raum weitergehende Kontaktbeschränkungen erlassen werden, um den Ausbruch einzudämmen und ein überregionales Infektionsgeschehen zu verhindern.
- Die schnelle und vollständige Kontaktnachverfolgung ist ein elementarer Bestandteil der gemeinsamen Öffnungsstrategie der Länder. Je effizienter sie funktioniert, desto schneller und wirksamer kann auf ein auftretendes Ausbruchsgeschehen reagiert werden. In den vergangenen Monaten haben die Länder mit tatkräftiger Unterstützung des Bundes die Kontaktnachverfolgung durch den massiven Ausbau des Personalbestands im Öffentlichen Gesundheitsdienst und die
Einrichtung von Kontaktnachverfolgungsteams an jedem einzelnen Gesundheitsamt enorm vorangebracht.
- Testungen sind von entscheidender Bedeutung für die Eindämmung, Rückverfolgung und Unterbrechung von Corona-Infektionsketten und damit die Verhinderung unkontrollierter Ausbruchsgeschehen. Im Rahmen einer deutschlandweiten Strategie gilt es, gezielt Testungen insbesondere in Einrichtungen mit vulnerablen Personengruppen zu ermöglichen und hierfür die Testkapazitäten auszubauen. Symptomatische Verdachtsfälle werden dabei wie bisher prioritär getestet. Dort, wo zum Beispiel in einer Kinderbetreuungseinrichtung oder einer Schule ein Fall auftritt, müssen umfassende Testungen in der Einrichtung auf Kosten der Krankenkassen erfolgen.
- Mit der neuen Corona-Warn-App setzt Deutschland nun einen weiteren, digitalen Meilenstein in der Corona-Bekämpfung. Mit ihr können alle Bürgerinnen und Bürger aktiv mithelfen, entstehende Infektionsketten bereits im Ansatz zu unterbrechen. Die App kann ihre Wirkung aber nur entfalten, wenn möglichst viele Menschen sie benutzen. Daher rufen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder gemeinsam alle Bürgerinnen und Bürger, die ein Smartphone benutzen, dazu auf, die App herunterzuladen und im Alltag zu verwenden. Sie betonen in diesem Zusammenhang, dass die App maximalen Datenschutzanforderungen genügt und die Privatsphäre der Menschen vollumfänglich wahrt. Denn sie kennt weder Namen, Telefonnummer oder Standort des Benutzers. Daten werden ausschließlich dezentral auf dem Handy gespeichert und sind nicht nachverfolgbar.
- Öffnungen verantwortungsvoll ermöglichen
- Die Länder haben auf Basis des gemeinsamen Beschlusses mit der Bundeskanzlerin vom 6. Mai 2020 über die schrittweise Öffnung zahlreicher Lebensbereiche mit Auflagen auf der Grundlage von Hygiene- und Abstandskonzepten entschieden. So konnten Öffnungen beispielsweise für die Gastronomie, den Beherbergungsbereich, den Kulturbetrieb sowie für die Zusammenkünfte religiöser Gemeinschaften nach und nach ermöglicht werden. Durch sukzessives und verantwortungsvolles Vorgehen gelang es, dabei nicht zugleich die gemeinsam erzielten Erfolge bei der Pandemiebekämpfung zu riskieren. Die Länder sind daher weiterhin bestrebt, in eigener Verantwortung einschränkende Maßnahmen zurückzunehmen bzw. weiter abzumildern, soweit die epidemiologische Beurteilung und das Infektionsgeschehen dies zulassen.
- Die vorübergehend unumgänglichen Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen waren und sind für alle Kinder und Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Lehrerinnen und Lehrer sehr belastend. Die positive Entwicklung des Infektionsgeschehens in den letzten Wochen lässt nunmehr nach aktuellem Stand folgende gemeinsame Perspektiven für Öffnungen auf Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten der zuständigen Fachministerkonferenzen zu: Die Länder streben an, bei gleichbleibend positivem Infektionsgeschehen spätestens nach den Sommerferien in den schulischen Regelbetrieb auf der Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten zurückzukehren. Zeitnah soll auch von der Notbetreuung zu einem möglichst vollständigen Regelbetrieb der Kinderbetreuungsangebote zurückgekehrt werden.
- Die Bürgerinnen und Bürger haben in den letzten Monaten auf private Reisen und Besuche -auch von Verwandten- weitgehend verzichtet und damit einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geleistet. Durch die zwischenzeitlich umgesetzten Lockerungsmaßnahmen wurden und werden private und touristische Reisen schrittweise wieder möglich.
So ist unter anderem der touristische Reisebusverkehr in den meisten Ländern wieder erlaubt. Die Länder gleichen die für den touristischen Reisebusverkehr erforderlichen Schutzmaßnahmen bundeseinheitlich wie im öffentlichen Personenverkehr an. Im Falle noch unterschiedlicher Anforderungen ist Transitverkehr erlaubt. Bei Pausen gelten die Hygieneregelungen des jeweiligen Landes (z.B. beim Anfahren von Rastplätzen und dem Aufsuchen von gastronomischen Einrichtungen).
- Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, sollen mindestens bis Ende Oktober 2020 nicht stattfinden. Versammlungen genießen grundrechtlich besonders verbürgten Schutz; angesichts der bei Menschenansammlungen vorhandenen Infektionsgefahren ist aber auch großes Augenmerk auf das Vorliegen geeigneter Schutz- und Hygienekonzepte und deren Einhaltung zu legen.
Quelle: Tankred Schipanski, MdB