TOP 3 – Bewältigung der Corona-Pandemie
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich der besonderen Herausforderung, welche die Pandemie neben den gesundheitlichen Folgen auch für die Arbeitsplätze, die Wirtschaft und die soziale Lage im Inland darstellt, bewusst. Aufbauend auf die bisherigen Hilfsprogramme von Bund und Ländern zur Bewältigung der Krise setzt die Bundesregierung derzeit ein umfangreiches Paket an Maßnahmen aus dem Beschluss der Regierungskoalition „Corona-Folgen bekämpfen, W ohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ um.
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich einig, hierbei zusammenzuwirken und im jeweils eigenen Zuständigkeitsbereich alles Erforderliche zu tun, um dem Ziel einer wirksamen Bekämpfung der negativen Pandemiefolgen zum Erfolg zu verhelfen. Über die notwendige Mitwirkung der Länder im Rahmen der gesetzgeberischen Umsetzung hinaus vereinbaren sie daher:
- Die Senkung der Umsatzsteuer von 19% auf 16% und von 7% auf 5% für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ist ein wichtiges konjunkturpolitisches Signal zur Stärkung der Binnennachfrage. Die Länder begrüßen die Zusage des Bundes, daraus resultierende Steuerausfälle der Länder und Kommunen zu übernehmen. Die Erhöhung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende unterstützt Alleinerziehende, weil gerade sie in Zeiten von Corona vor besonderen Herausforderungen stehen. Damit die Entlastung in diesem Jahr bei der Lohnsteuer unbürokratisch wirken kann, streben die Länder an, den Erhöhungsbetrag von Amts wegen, d.h. ohne Antrag der Alleinerziehenden, in ELSTAM einzutragen.
- Mit einem einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind für jedes kindergeldberechtigtes Kind werden die besonders von den Einschränkungen betroffenen Familien unterstützt. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag vergleichbar dem Kindergeld verrechnet. Er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Der Länder- und Kommunalanteil an diesem einmaligen Bonus wird den Ländern vom Bund nachträglich erstattet.
- Der Bund hat die Auflage eines Überbrückungshilfeprogramms für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen mussten, für die Monate Juni bis August 2020 in Höhe von bis zu 25 Mrd. Euro beschlossen. Bund und Länder streben den kurzfristigen Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung an, damit die Überbrückungshilfen durch kleine und mittelständische Unternehmen so schnell wie möglich beantragt und ihnen ausgezahlt werden können, um zu ihrer Existenzsicherung beizutragen. Die Antragstellung soll nur digital erfolgen können und verpflichtend über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer abgewickelt werden. Die Länder stellen die zügige Bearbeitung und Auszahlung sicher.
- Zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen wird der Bund für das Jahr 2020 im Rahmen eines Kredit-Sonderprogramms über die KfW zu 80 Prozent die erforderliche Haftungsfreistellung entsprechender zu fördernden Maßnahmen der landeseigenen Förderinstitute sicherstellen. Die Länder werden prüfen, ob sie mit eigenen Mitteln eine Haftungsfreistellung bis zu insgesamt 100 Prozent für Programme zugunsten gemeinnütziger Organisationen ermöglichen.
- Den pauschalierten hälftigen Ausgleich für die aktuellen krisenbedingten Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen durch den Bund werden die Länder so an die Kommunen weitergeben, dass alle Gebietskörperschaften orientiert an ihrem Ausfall davon profitieren. Die Länder werden die weitere Hälfte der Ausfälle mit eigenen Mitteln leisten. Darüber hinaus begrüßen die Länder die Entlastung der Kommunen über die erhöhte Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft. Die notwendige Änderung des Grundgesetzes wird unterstützt.
- Der Bund wird die Länder im Jahr 2020 bei der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unterstützen, da durch die Corona-Pandemie die Fahrgeldeinnahmen stark verringert sind. Dies erfolgt durch die einmalige Erhöhung der Regionalisierungsmittel in Höhe von 2,5 Mrd. Euro in 2020. Es ist beabsichtigt, dass durch die zügige Beschlussfassung über den Nachtragshaushalt und das Gesetz über begleitende Maßnahmen zur Umsetzung des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets die Mittel zeitnah zur Verfügung stehen.
Die Länder sagen zu, die Auszahlungen an die betroffenen ÖPNV- Unternehmen bzw. die jeweiligen Aufgabenträger sowie den nachträglichen Mittelausgleich der Länder untereinander auf der Grundlage einer Endabrechnung der tatsächlich eingetretenen finanziellen Nachteile schnellstmöglich vorzunehmen.
- Bund und Länder werden zügig daran arbeiten, die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und seiner Finanzierung (einschließlich der Betriebskosten) einvernehmlich zu klären und auf dieser Grundlage einen solchen zu schaffen. Die Länder werden die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten 1,5 Mrd. Euro für den Ausbau der Ganztagsbetreuung zeitnah einsetzen.
- Der Digitalpakt Schule wurde seitens des Bundes um 500 Mio. Euro für Endgeräte erweitert und in einer Zusatzvereinbarung („Sofortprogramm“) geregelt. Die Endgeräte aus dem Sofortprogramm sollen nach den Sommerferien 2020 einsetzbar sein. Mit der im Juni beschlossenen, weiteren finanzielle Unterstützung des Bundes über 500 Mio. Euro bei gleichbleibendem Eigenanteil der Länder wird der Förderkatalog des Digitalpakts erweitert um die künftige, befristete Beteiligung des Bundes an der Ausbildung und Finanzierung von IT-Administratoren, damit die digitale Bildung im Präsenzunterricht sowie im Rahmen von digitalem Hausunterricht auf hohem Standard mit Unterstützung des Bundes erteilt werden kann. Im Wissen um die zentrale Rolle, die die Lehrkräfte bei der Verzahnung von Präsenzunterricht und E-Learning haben, werden die Länder im Gegenzug die digitale Weiterbildung der Lehrkräfte verstärken. Hierzu dient das Schuljahr 2018/2019 als Vergleichs-maßstab. Die Länder werden hierüber im Rahmen des Verfahrens des Digitalpaktes berichten. Bund und Länder streben an, zur Umsetzung bis Ende August eine weitere Sondervereinbarung abzuschließen, damit die Umsetzung noch im Jahr 2020 erfolgen kann.
- Bund und Länder bekräftigen das Ziel, bis 2030 mindestens eine Millionen Ladepunkte als Ladeinfrastruktur für Elektromobilität Die Länder unterstützen das Anliegen des Bundes, die Authentifizierungs- und Bezahlsysteme für Ladesäulen einheitlicher und verbraucherfreundlicher auszugestalten. In den nächsten zwei Jahren sollen 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden. Die Automobilwirtschaft wird bis 2022 mindestens 15.000 zusätzliche öffentliche Ladepunkte beisteuern. Die Länder werden prüfen, ob Ergänzungen oder Änderungen in den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen bzgl. Ladeinfrastruktur-förderlicher Vorgaben sowie diesbezüglichen Brandschutzregelungen der Länder möglich und sinnvoll sind und dazu in der MPK im Dezember 2020 einen Bericht der Bauministerkonferenz vorlegen. Darüber hinaus prüfen die Länder, welche eigenen Liegenschaften für den Aufbau von Ladeinfrastruktur geeignet sind und übermitteln diese an die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur. Die Länder begrüßen es, dass der Bund zukünftig die private und gewerbliche Ladeinfrastruktur deutlich stärker fördern wird.
- Zur zügigen und flächendeckenden Umsetzung des Online-ZugangsGesetzes (OZG) unterstützt der Bund die Länder und Kommunen finanziell bei dieser Umsetzung, wenn diese das gemeinsame Architekturkonzept („einer für alle“) flächendeckend umsetzen. Die (Nach-)Nutzung der so erstellten Services ist die entscheidende Grundlage für einen schnellen skalierbaren Erfolg des OZG. Auf dieses Vorgehen verpflichten sich die Länder und streben unter Beachtung der Vorgaben zur Interoperabilität eine fristgerechte Umsetzung des OZG in ihrem Zuständigkeitsbereich gemeinsam mit den Kommunen an. Unterstützt wird dieses Vorgehen durch ein PlattformSystem.
- Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beauftragen die Gesundheitsministerkonferenz, bis zum 30. August 2020 den Entwurf für einen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD)“ vorzulegen, um diesen personell mit Unterstützung des Bundes ab dem Jahr 2022 und technisch besser auszustatten und die Strukturen zukunftsfähig auszugestalten. Dabei soll im Bereich Personal auch die
Attraktivität der ärztlichen Tätigkeit im ÖGD, die Aus- und Weiterbildung sowie die Nachwuchsgewinnung enthalten sein. Im Bereich der technischen Ausstattung soll insbesondere geklärt werden, wie das Meldewesen durch eine flächendeckend interoperable, nutzerfreundliche Digitalisierung verbessert und beschleunigt werden kann. Zur Vorbereitung des „Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ und zur Einbindung der Beteiligten auf kommunaler Ebene wird die Bundeskanzlerin unter Beteiligung des MPK- Vorsitzlandes Bayern und Ko-Vorsitzlandes Hamburg zu einem OnlineKongress einladen.
- Die Bundesregierung wird aus dem Bundeshaushalt drei Mrd. Euro in einem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ in eine modernere und bessere investive Ausstattung der Krankenhäuser in Deutschland investieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf moderne Notfallkapazitäten, eine bessere digitale Infrastruktur, die IT- und Cybersicherheit sowie die Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen. Die Umsetzung erfolgt analog zu den Regelungen des bereits vorhandenen Strukturfonds. Anders als beim bestehenden Strukturfonds, der eine Kofinanzierung von mindestens 50 % durch das jeweilige Land bzw. die zu fördernde Einrichtung vorsieht, wird das Erfordernis der Kofinanzierung auf 30 % reduziert. Dabei soll auch der Bedeutung der Universitätsklinika für die Versorgung angemessen Rechnung getragen werden.
- Der Bund wird eine nationale Reserve an persönlicher Schutzausrüstung Dazu wird von BMWi, BMG, BMI und BMVg aktuell ein Konzept zur Bildung einer Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) erstellt. Die Länder werden dafür Sorge tragen, dass dies auch dezentral in den medizinischen Einrichtungen und beim Katastrophenschutz der Länder erfolgt. Maßstab für die Bevorratung soll sein, dass ein physischer Mindestvorrat von einem Monat besteht. Der Bund wird die entsprechende Erstausstattung finanziell unterstützen.
- Soweit die Förderprogramme aus dem Konjunkturpaket des Bundes eine Kofinanzierung der Länder vorsehen, werden diese ebenfalls kurzfristig Haushalts-mittel bereitstellen, um den für die konjunkturelle Wirkung wesentlichen Mittelabfluss in den Jahren 2020 und 2021 sicherzustellen, zum Beispiel im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) oder beim Investitionspakt Sportstätten. Das betrifft auch den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung mit dem „5. Investitionsprogramm Kinderbetreuungs-finanzierung 2020 – 2021“, für das der Bund zusätzlich eine Mrd. Euro zur Verfügung stellt. Beim Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder unterstützt der Bund die Länder entweder durch einen Zuschuss in Höhe von höchstens 54 Prozent der investiven Kosten oder in Höhe von höchstens einem Drittel der Gesamtkosten der Kindertagesbetreuung. Im Übrigen bleibt es bei Projekten im Rahmen der GRW bei der hälftigen Teilung der Kosten zwischen Bund und Ländern.
Quelle: Tankred Schipanski, MdB