1904

Thematisierung „heilige Sonntag“

Bäcker und Fleischer hatten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein keine Schaufenster. Sie durften noch nicht einmal Läden betreiben, sondern mussten ihre Produkte an entsprechenden Ständen, Brot- oder Fleischbänken, feilbieten. Anfang des 20. Jahrhunderts mussten alle Schaufenster an Wochenenden oder Feiertagen noch ausgeräumt oder verhangen sein, so verlangte es eine gothaische Vorschrift. Denn der „heilige Sonntag“ galt als kirchliches Sakrileg, dies war anno 1904 ein brisantes Thema im Gewerbeverein.

Die Mehrarbeit der Ausräumung oder Verhängung der Schaufenster veranlasste die Kaufleute zu einer Petition, in der sie die Beseitigung dieser Vorschrift forderten. Einige Hundert Unterschriften wurden dafür gesammelt.

Der Gewerbeverein bedankte sich dafür bei der herzoglichen Staatsregierung von Sachsen-Coburg und Gotha, die damit die zweite Regierung im Deutschen Bund war, die sich für ein Offenhalten der Schaufenster ausgesprochen hatte. Im Mai 1904 erschien im „Gothaischen Tageblatt“ ein Artikel über „Eine Agitation für das Offenhalten der Schaufenster an Sonntagen“. Als Grund nannte man, dass ein Geschäftsmann wegen der Konkurrenz gezwungen sei, sein Können und sein Angebot anhand der Dekoration zu präsentieren, auch um einen neuen Kundenkreis zu werben.

Quelle: TA 2022